Daniel P.
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MORGENLAND TRIFFT ABENDLAND
Der Brautempfang Kriemhild durch Etzel in Tulln war ein friedvolles Fest, das heute als Symbol für die kulturelle Begegnung zwischen Abend- und Morgenland, zwischen Ost und West gesehen wird. Der Nibelungenbrunnen ist damit Erinnerungsstätte an einen der historischen Orte des Nibelungnliedes und dokumentiert die geschichtsträchtige Vergangenheit Tullns sowie die Verbundenheit der einzelnen Donauregionen.
Die mittelalterliche Stadt Tulln nimmt in der Sagenerzählung des Nibelungenliedes, verfasst etwa um 1200, eine besondere Stellung ein: Auf ihrer Brautfahrt ins Hunnenland trifft Kriemhild, von Traismauer kommend, hier in Tulln den König Etzel und sein Gefolge. Dieses Treffen schildert der Dichter in den adeligen Lebensformen der Zeit um 1200. Kriemhild steigt vom Pferd, zwei Fürsten tragen ihre Schleppe und Markgraf Rüdiger, ihr Begleiter, stellt ihr den König und dessen zahlreiche Gefolgsleute, Hunnen und Germanen, vor.
Zu Ehren der Königin finden dann auf dem Tullnerfeld ritterliche Kampfspiele statt, in denen Etzel die tausendfache Heeresmacht seines Reiches zur Schau stellt. Dem Dichter ist dieses Ereignis hundert Verse wert. Von Tulln zieht man dann weiter nach Wien, wo in aller Pracht Hochzeit gefeiert wird.
Dass der Dichter Kriemhild und Etzel hier in Tulln einander begegnen lässt, zeigt die Bedeutung der Stadt um 1200. Sicher schwingt auch die Erinnerung des Dichters mit, dass 250 Jahre vor seiner Zeit etwa hier die Grenze zwischen dem Westen – damals Deutschland, und dem Osten – damals Ungarn, verlief.